Mehr zur Geschichte Kambodschas

Das Khmer-Reich

Das südostasiatische Königreich Kambodscha mit knapp 17 Millionen Einwohnern liegt am Golf von Thailand und grenzt an Thailand, Vietnam und Laos. Bekannt ist Kambodscha vor allem für sein Wahrzeichen, dem Tempelkomplex Angkor Wat in der Nähe des heutigen Siem Reap. Es ist die größte Tempelanlage der Welt und zieht jedes Jahr Millionen von Touristen aus aller Welt an. Einst den Hindu-Göttern gewidmet, wurde die Kultur der Khmer immer mehr vom Buddhismus beeinflusst. Auch heute ist der Buddhismus die vorherrschende Religion in Kambodscha. Angkor war ab dem 9. Jahrhundert das Zentrum des Khmer-Reichs und wuchs im Laufe der Jahrhunderte durch fortschrittliche Bewässerungsanlagen zu einer Megacity zusammen. Das vom Dschungel überwucherte Angkor wurde erst 1860 wiederentdeckt und erst vor wenigen Jahren fanden Forscher durch Laserscans aus der Luft weitere riesige Überreste von Siedlungen, die die bisherigen Schätzungen von der größe Angkors wieder über den Haufen warfen. Mittlerweile sprechen Forscher von bis zu 900.000 Einwohnern zu den Hochzeiten Angkors – zum Vergleich: Paris galt im 13. Jahrhundert mit 100.000 Einwohnern als größte Stadt Europas!

Viele der Handwerkskünste blühten in dieser Zeit auf, haben ihre Ursprünge teils aber bereits viel früher. Die Seidenweberei in Kambodscha geht wohl bis vor das 6. Jahrhundert zurück. Auch der Anbau von Pfeffer und anderer landwirtschaftlicher Produkte wird seit vielen Jahrhunderten praktiziert. Beeinflusst von der reichhaltige Kulturgeschichte, arbeiten in Kambodscha noch heute Silberschmiede, Holzschnitzer, Skulpteure oder Korbflechter nach den Methoden ihrer Urahnen.

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Fremdherrschaft

Das Khmer-Reich erstreckte sich einst über weite Teile des heutigen Thailand, Laos, Vietnam und Myanmar bis Malaysia. Machtwechsel und verschiedene Konflikte, vor allem mit Thai-Völkern im 13. und 14. Jahrhundert, die die Herrschaft der Khmer abschütteln wollten, führten schlussendlich zum Zerfall des Khmer-Reichs. Die folgenden Jahrhunderte waren geprägt von verschiedenen Konflikten mit und Abhängigkeiten vor allem von den Thai und Vietnamesen. Schlussendlich wandte man sich an Frankreich, das besonders in Vietnam koloniale Bestreben hatte. 1863 erklärte Frankreich Kambodscha zum Protektorat und gliederte es später in Französisch-Indochina ein.

Erst 1954 wurde Kambodscha im Rahmen der Genfer Indochina-Konferenz volle Souveränität zugesprochen. Kambodscha war nun unabhängig und setzte zunächst vor allem auf Neutralität. In Südostasien aber spitzten sich Konflikte zu, besonders im benachbarten Vietnam. Nach der Machtübernahme durch General Lon Nol 1970 schloss sich Kambodscha schließlich im Indochina-Konflikt den USA, Thailand und Südvietnam an und war nun mitten im Kriegsgeschehen. Die nordvietnamesische Armee und die Vietcong bildeten Versorgungsrouten in Kambodscha und kontrollierten ab 1971 bereits fast das ganze Land. Die USA wiederum bombardierten Kambodscha in drei Jahren mit über 500.000 Tonnen Bomben und verwüsteten ganze Landstriche. Nach dem Abzug der großen Mächte 1973 dauerte der Konflikt an, die von der Volksrepublik China unterstützten Roten Khmer lieferten sich erbitterte Kämpfe mit Regierungstruppen des von den USA unterstützten Lon-Nol-Regimes. Die Roten Khmer marschierten 1975 in der Hauptstadt Phnom Penh ein und wurden von vielen als Befreier gefeiert. Doch damit begann erst das wohl dunkelste Kapitel der jüngsten kambodschanischen Geschichte.

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Die Roten Khmer

Die Roten Khmer wollten aus Kambodscha einen kommunistisch Bauernstaat machen, der weitestgehend unabhängig vom Ausland war. Sie schlossen die Grenzen, brachen Nachrichtenverbindungen ins Ausland ab, vertrieben die Stadtbevölkerung auf das Land und ließen durch Zwangsarbeit riesige Bewässerungssysteme bauen. Geld und jeglicher Besitz wurden abgeschafft, Ausübung von Religion verboten. Künstler, politische Gegner, Intellektuelle wurden gezielt ermordet. Das Sprechen einer Fremdsprache oder das Tragen einer Brille reichte bereits aus, um von den Roten Khmer grausamst gefoltert oder direkt hingerichtet zu werden. Orte wie das Tuol-Sleng-Genozid-Museum (oder S-21), eine ehemalige Highschool, die zum Foltergefängnis umfunktioniert wurde, oder die Killing Fields, wo die wahrscheinlich über 17.000 ehemaligen Insassen systematisch ermordet wurden, zeugen heute von der unfassbaren Grausamkeit dieser Zeit. Die Killing Fields sind nur eine von über dreihundert Stätten, an denen die Roten Khmer Massenmorde an der eigenen Bevölkerung durchgeführt haben. Die Schreckensherrschaft der Roten Khmer kostete zwischen 1975 bis 1979 über zwei Millionen Kambodschaner das Leben – damals etwa ein Viertel der gesamten Bevölkerung. Nach erfolglosen Angriffen in Grenzgebieten Thailand und Vietnams marschierte die vietnamesische Armee (inzwischen waren Süd- und Nordvietnam als Sozialistische Republik Vietnam wiedervereint) in Kambodscha ein und besetzte das Land in kurzer Zeit.

Die Roten Khmer flüchteten in schwer zugängliche Bergregionen und starteten einen Guerillakrieg gegen die Besatzer. Kambodscha war weiterhin Spielball der Großmächte, die verschiedene Seiten unterstützten. Die Roten Khmer waren tatsächlich noch bis in die späten 80er-Jahre die von der UNO anerkannte Regierung Kambodschas. Immer mehr aber drangen die Gräueltaten der Roten Khmer ans Licht. Diese lieferten sich noch bis 1996 erbitterte Kämpfe mit der Regierung. Nach einer UNTAC-Mission wurde Kambodscha unter Aufsicht der UNO gestellt.1993 fanden die ersten freien Wahlen seit über 20 Jahren statt. Das Land erhält eine neue Verfassung und Norodom Sihanouk wird erneut König. 1998 wurde Kambodscha vollständig unabhängig.

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Heute

Heute gilt Kambodscha als Entwicklungsland. Es ist die Folge jahrzehntelanger (Bürger-)Kriege, Besatzungen und des Autogenozids der Roten Khmer. Besonders schwierig war und ist es teils bis heute, (Land-)besitz nachzuweisen. Die Roten Khmer hoben jeglichen Besitz auf, vertrieben die Bevölkerung und rissen Familien auseinander. Kambodscha ist noch immer eines der ärmsten Länder Südostasiens. Das Land erholt sich jedoch langsam und die Wirtschaft Kambodschas wächst seit Jahren konstant (abgesehen von den Corona-Jahren). Auch wenn noch viel aufgearbeitet werden muss und auf politischer Ebene viele Schwierigkeiten bestehen, die Bevölkerung Kambodschas blickt nach vorne. Kunst, Kultur, alte Traditionen werden wiederbelebt und das Land erfährt langsam wieder wie es ist, in Freiheit zu leben. Der Tourismus entwickelt sich rasch, nicht nur der Tempelkomplex Angkor Wat zieht jährlich Millionen von Touristen an. Kambodscha ist ein wunderschönes Land und die Menschen sind extrem gastfreundlich.

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